Kaninchen als Co-Therapeuten
Kreisverband Neuss kooperiert mit Fachkrankenhaus für Psychatrie
Im Herbst dieses Jahres las ich eine wissenschaftliche Studie von Herrn Prof. Dr. Reinhold Bergler, Direktor des Psychologischen Instituts der Universität Bonn, der im gesamten Bundesgebiet eine Untersuchung über die Bedeutung von Heimtieren als Prävention ( lat. und bedeutet Vorbeugung und Verhütung) durchführte. Ziel der Untersuchung war es, den Beitrag, den die Haltung eines Heimtieres zur primären Prävention (Etablierung, Förderung und Erhaltung eines gesunden Lebensstils) und sekundären Prävention (Vorbeugung und Förderung der Gesundheit bei bestimmten Risikogruppen) leistet, aus Sicht von Ärzten, Vertretern von Krankenkassen und Vertretern staatlicher Gesundheitsorganisationen, zu erfassen. Sicherlich ist es für uns Laien verständlich, dass ein gesunder Lebensstil das Ergebnis einer Vielzahl von Einzelfaktoren ist, die letztlich das Ausmaß an Wohlbefinden und Lebensqualität bestimmen. Ein großer Teil dieser Einzelfaktoren kann durch die Haltung eines Heimtieres gefördert werden. Das die Haltung eines Hundes Erkrankungen des Bewegungsapparates seines “Herrchen” entgegenwirkt, leuchtet jedem ein. Das alte Leute zur Meidung von Einsamkeit einen Hund oder ein anderes Haustier halten, ist ebenfalls unbestritten. Sie übernehmen Verantwortung, sind zufrieden, ausgeglichen und haben einen regelmäßigen Tagesablauf. Heimtiere vermitteln Ruhe, tragen zum Stressabbau bei, erleichtern Sozialkontakte, lenken aber auch von Problemen ab und tragen zur Naturverbundenheit und Natürlichkeit bei. Alles in allem leisten damit Heimtiere und damit natürlich auch unsere Kaninchen einen wichtigen Gesundheitsbeitrag. Das Heimtier sollte nicht nur von der betroffenen Person sondern auch von anderen Haushalts- oder Familienmitgliedern akzeptiert werden, damit gewährleistet ist, dass durch die Tierhaltung keine neuen Stressfaktoren aktualisiert werden. Des Weiteren muss eine artgerechte Haltungsmöglichkeit vorhanden sein. Nach der Studie gibt es eine Vielzahl von Krankheiten und Störungsbildern, bei denen eine sekundäre Prävention sinnvoll und nützlich ist und zu deren Vorbeugung auch Heimtiere viel beitragen können. Heimtiere sind danach für viele Risikogruppen empfehlenswert, zu denen insbesondere auch psychisch kranke und depressive Menschen gehören…
…Damit ist der Übergang von der reinen Lehre zu einer Möglichkeit, sich in unserem Hobby neuen Aktivitäten zu öffnen, geknüpft. Wie dies im KV Neuss, LV Rheinland, Realität wurde, möchte ich anhand eines nachahmenswerten Beispiels nun erläutern:
Strahlende Gesichter bei der Übergabe der Zuchttiere durch den KV Neuss an die Therapiegruppe des ST. Alexius Krankenhauses in Neuss. (von Links: Abteilungsleiter der Allgemeinpsychiatrie Dr. Horst Neues, KV-Zuchtwacht Günter Winkens, KV-Vorsitzender Willi Pollak und Dipl.-Ing. Peter Eseer, der Leiter der Ökonomieabteilung und Verantwortlicher für den Aufbau und die Betreuung der Zuchtanlage.
Die Alexianer Gesellschaft mbH, eine gemeinnützige Gesellschaft für den Betrieb caritativer Einrichtungen, unterhält in Neuss ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie mit 424 Betten und angeschlossener Tagesklinik sowie Institutsambulanz. Im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung in der Psychiatrie gehört neben Diagnose und Therapie, die Rehabilitation, die berufliche und soziale Wiedereingliederung, zu den Hauptzielen der Behandlung. Das Krankenhaus bietet seinen Patienten Arbeitstherapieplätze im Rahmen industrieller Fertigung, von Wäschereileistungen, Hausdiensten und in der Landwirtschaft. Dort werden 25 Arbeitstherapie-Plätze für Patienten aus den schwächeren Leistungsbereichen mit Aufgaben aus Gartenbau, Vermarktung und Parkpflege sowie 15 Plätze für Patienten aus stärkeren Leistungsbereichen in der Tierhaltung und Feldarbeit vorgehalten. Um für den Bereich der landwirtschaftlichen Ökotherapie ein neues Standbein aufzubauen, knüpfte im Sommer des vergangenen Jahres der Leiter der Ökonomieabteilung, Peter Esser, Kontakte zum Vorsitzenden des Kreisverbandes Neuss, Herrn Willi Pollack. Interessant aus Sicht des Obmannes für Öffentlichkeitsarbeit ist insbesondere die Tatsache, dass dieser Kontakt über die Home-Page des Landesverbandes zustande kam, in der u. a. auch die Anschriften der Kreisverbandsvorsitzenden verzeichnet sind. In mehreren Zusammentreffen wurden grundsätzliche Probleme im Zusammenhang mit dem Aufbau einer Zuchtanlage sowie der Zucht von Rassekaninchen besprochen. Formale Probleme, wie die Tatsache, dass die Krankenhaus GmbH nicht Mitglied eines Kaninchenzuchtvereins sein kann, wurde dadurch gelöst, dass der zustände Therapeut Mitglied im Kaninchenzuchtverein R 309 Bedburdyck wurde und somit der Grundstein für eine organisierte Zucht nach den Regeln des ZDK gewährleistet ist. Schon im Herbst vergangenen Jahres entstand in einer Gemeinschaftsarbeit zwischen Therapeuten und Patienten eine ansprechende Zuchtanlage. Bis kürzlich fehlte nur noch das entsprechende Leben in der Anlage. Deutsche Großsilber-schwarz fanden schließlich den Zuspruch der Therapiegruppe. Günter Winkens, Zuchtwacht des Kreisverbandes, der selbst diese doch recht seltene Rasse züchtet, erklärte sich spontan bereit, der Einrichtung zwei Zuchttiere bereitzustellen. Hildegard Hermanns, die Geschäftsführerin des Kreisverbandes, schloss sich dem an, so dass nunmehr auch der Grundstein für eine Zucht gelegt war.
Einrichtung einer Zuchtanlage, Anbau der Futtermittel und Pflege der Rassekaninchen als landwirtschaftliche Ökotherapie
Die Übergabe dieser Zuchttiere war Anlass eines Pressetermins am 7.12.2000, zu dem der Kreisverbandsvorstand und die Verwaltungsleitung des Fachkrankenhauses geladen hatte. Für die beteiligten Züchter und KV-Vorstandsmitglieder war es sicherlich ein nachhaltig in Erinnerung bleibendes ” Einstallen” in eine Zuchtanlage, die von den räumlichen Verhältnissen, der Größe der Gehege und der Sauberkeit keine Wünsche offen ließ. Dies konnte natürlich ebenso der örtlichen Presse vermittelt werden, wie die begründete Kooperation zwischen Gesellschaft und Verband und grundsätzliche Dinge, die die Rassekaninchenzucht betreffen. Eindrucksvoll legte der Abteilungsleiter der Allgemeinpsychiatrie, Herr Dr. Horst Neues, dar, dass sich besonders junge Kranke, die aufgrund ihrer psychischen Belastung an ihr Leben neue Sinnfragen stellen, von der Therapiemaßnahme begeistert seien. Angefangen habe dies mit dem eigenständigen Bau der Gehege, die im Frühjahr noch durch große Freiläufe für Häsinnen mit Jungtieren ergänzt werden sollen. Gerade auf die artgerechte Haltung und Ernährung der Tiere lege man größten Wert. Dies bedeute, dass die Patienten auch Futtermittel wie Möhren und Rüben anbauen, Gras und Löwenzahn sammeln und die Kaninchen somit durch ihr “Stallhasendasein” von der Geburt bis zum Schlachten hin begleiten. Dem Patienten werde dabei der Natur- und Lebensrhythmus nahegebracht.
Die zuständigen Therapeuten und Pädagogen hatten natürlich noch zahlreiche Fragen an die Zuchtfreunde des Kreisverbandsvorstandes, die mit Willi Pollack, Günter Winkens, Hildegard Hermanns und Siegfried Zipper zugegen waren und mit ihrem Fachwissen dazu beitragen konnten, dass bei den “neuen Vereinskameraden” ein gewisses Basiswissen entstanden ist. Zudem überreichte Willi Pollack eine Reihe von Unterlagen, wie den Standard, Aufsätze und Berichte über die Kaninchenhaltung, Krankheiten, etc.. In diesem Zusammenhang sicherte insbesondere Günter Winkens eine kooperative Betreuung der Gruppe vor Ort zu. Auch der Berichterstatter hatte die Möglichkeit im Namen des Landesverbandes sowohl dem Kreisverband für seine Aktivitäten zu danken, aber auch den Therapeuten, die durch die Knüpfung des Kontaktes ein hohes Maß an Vertrauen in unsere Organisation gesetzt haben und sich künftig hiermit hoffentlich identifizieren können.
…Nun abschließend noch einmal zurück zu der eingangs genannten Studie. Sie schließt in der Zusammenfassung mit 15 Thesen. Die letzte hiervon möchte ich wörtlich zitieren:
“Die Bereitschaft, Heimtiere als eine wesentliche Möglichkeit der Prävention zu empfehlen, nimmt kontinuierlich zu. Dazu müssen allerdings noch vorhandene Informationsdefizite abgebaut und somit die entsprechenden Beratungskompetenzen von Ärzten, Vertretern von Krankenhäusern und staatlichen Gesundheitsorganisationen gestärkt werden.”
Ich bin nicht so vermessen, Beratungskompetenzen entsprechender Berufsgruppen stärken zu können, hoffe aber, in unserer Organisation ein Betätigungsfeld eröffnet bzw. näher gebracht zu haben. Wissenschaftlich wurde immerhin dargelegt, dass Prävention durch Heimtiere zukünftig an Bedeutung gewinnt. Wir sollten auf den “Wachstumszug” aufspringen!
Winkens
Obmann für Öffentlichkeitsarbeit